Wie entstehen meine Preise als Hochzeitsfotograf

Liebes Brautpaar,

Fotos spiegeln meist Momentaufnahmen von Ereignissen und Dingen wieder die wir erlebt haben und gerne machen. Solche Situationen wollen wir immer wieder betrachten, weil sie uns ein Lächeln auf die Lippen zaubern lassen. Wenn jetzt Deine Wohnung brennt, was nimmst Du mit heraus?" - Ganz klar, es sind Dinge an denen Erinnerungen haften.

Auch ich habe Freunde und Bekannte die sagen:"... Was? 8 Stunden und warum soll ich so viel dafür ausgeben...." . Bei professionellen Fotografen sind Stundensätze von 150 Euro und weit darüber hinaus nicht nur normal, sondern auch angemessen. Das Problem ist nicht der Stundensatz, sondern das Kundenverständnis für die Arbeit und den Aufwand. Nach 8 Stunden ist unsere Arbeit nicht getan. Jede Arbeitsstunde vor Ort beschert dem Fotografen mindestens zwei bis drei weitere Stunden zusätzliche Arbeit. Die Fotos müssen kopiert, gesichtet, ausgewertet, aussortiert und bearbeitet werden. Gerade während der Hochzeitsreportage muss der Fotograf ständig auf schnelle Wechsel der Lichtsituationen reagieren. Das Ergebnis sind Fotos unterschiedlicher Stimmung. Eine automatisierte Stapelverabeitung würde folglich zu fatalen Ergebnissen führen. Deswegen wird der auf Qualität bedachte Hochzeitsfotograf stets jedes Bild separat und zeitaufwändig bearbeiten und kontrollieren. Einige Brautpaare investieren lieber für die Fahrt zum Standesamt und zur Feier in ein großes oder langes Auto als für einen professionellen Fotografen der nahezu eine Woche für das Brautpaar eine dauerhafte Erinnerung schafft.

Als Selbstständiger muss ich für alle Kosten selbst aufkommen, mir Rücklagen schaffen, Steuern und Versicherungen zahlen.

Um nachzuvollziehen was für ein Arbeitsaufwand eine 8 Stündige Reportage hat, möchte ich Euch ein kleines Beispiel zeigen.

Nehmen wir an, das Paar hat sich für eine fotografische Begleitung von 8 Stunden für 1.300 Euro entschieden. Im erstem Moment hört sich das nach viel an, aber:
1.300 Euro - ca. 40% Steuern
ca. 780 Euro sind jedoch nicht gleich 98,- Euro Stundenlohn. Jetzt müssen der Zeiteinsatz und weitere Kosten entgegen gerechnet werden:

Zeitaufwand

1. Vorgespräch (2 Stunden)
- Vorbereitung (Telefonat, Email, Angebot) 20 Minuten
- Anfahrt 20 Minuten
- Gespräch 60 Minuten
- Abfahrt 20 Minuten

2. Besichtigung je Location (1 Stunde)
- Anfahrt 20 Minuten
- Besichtigung 20 Minuten
- Abfahrt 20 Minuten

3. ggf. weitere Gespräche auch telefonisch (10 Minuten bis 1 Stunde)

4. Hochzeitsreportage (9 Stunden: 40 Minuten)
- Vorbereitung der Ausrüstung 20 Minuten
- Anfahrt 20 Minuten
- Vorbereitung vor Ort 30 Minuten
- Reportage 8 Stunden
- Zusammenpacken 10 Minuten
- Abfahrt 20 Minuten

5. Nachbereitung (26 Stunden)
- Kopieren auf Festplatte und Backup erstellen 45 Minuten
- Sichten und löschen 2 Stunden
- Nachbearbeitung der Fotos 22 Stunden
- Exportieren auf verschiedene Medien (Stick, ggf. Onlinegalerie) 1 Stunde
- Postversand 15 Minuten

Summe der Stunden: 38 Stunden und 40 Minuten (ca. 20,20 Euro/h für die reine Dienstleistungen)

Kosten

Durch Fahrtkosten, private Altersvorsorge, gesetzliche Versicherungen, Wartungskosten, Neuanschaffungen und Rücklagen, Weiterbildungen vermindert sich der Stundensatz entsprechend weiter. Allein der Wert des Equipments eines Berufsfotografen liegt im fünfstelligen Bereich. Die Lebensdauer der Kamera kalkuliere ich mit 4 Jahren. Jedes Jahr fallen auch bei sorgfältiger Nutzung Reparaturkosten und Reinigungskosten an. Natürlich kann ich als Selbstständiger Kosten steuerlich geltend machen.

Fazit

Es gibt selbstverständlich Fotografen die Euch ein günstiges Angebot unterbreiten können. Ich kenne nicht deren Kalkulation und Qualität. Was ihr euch auf jeden Fall fragen solltet, ist, was der Fotograf eurer Wahl leistet. Meine Checkliste die Du hinterfragen solltest:

  • Finden Vorgespräche statt
  • Kennt der Fotograf die Location bzw. führt er eine Besichtigung durch
  • Mit welcher Ausrüstung fotografiert er (Fragt ob er Vollformatkameras nutzt)
  • Hat er eine Zweite Kamera dabei (Backupkamera)
  • Ist das Angebot komplett oder gibt es versteckte Kosten
  • Bearbeitet der Fotograf die Bilder nach
  • Wie lang ist die Bearbeitungszeit
  • Welche Referenzen gibt es
  • Kann er Zusatzleistungen anbieten
  • Gibt es eine Rechnung
  • Ist er in einem Berufsverband
  • Ist der Fotograf gut erreichbar
  • Was passiert bei Ausfall des Fotografen (Krankheit), kann Ersatz gestellt werden

Die Hauptsaison für Hochzeiten ist von Ende April bis Anfang Oktober und nur hier wird der Großteil an Umsätzen für das Jahr erwirtschaftet. Dies ist auch der Grund dafür, dass viele Berufskollegen in der Hauptsaison erst ab 6 oder mehr Stunden am Wochenende tätig werden, da anderes kalkuliert dies mittelfristig zum finanziellen Ruin führt. Natürlich spielen neben den Preis auch andere Faktoren für die Wahl eines Fotografen ein Rolle (gegenseitige Sympathie, Stil des Fotografen, Qualität, Ausrüstung und Erfahrung).

Also, gönnt mir bitte auch einen kleinen Überschuss für Familie, Lebensunterhalt und Urlaub.

Danke

Stefan